Die Geschichte vom umhäkelten Pudel

Die Ausgangssituation:

Von Häkelmaschen eng umrundet

ein Pudel lauthals Frust bekundet.

Er mag sein Haarkleid frei und lockig

und kündet seiner Umwelt bockig,                                     

dass er mit Fug und Recht voll Groll ist –

auch wenn das Häkelmuster toll ist.

Lang kommentiert der in den Sweater

hineingestopfte arme Köter

dies himmelschreiende Debakel.

Doch schließlich stoppt er den Spektakel 

und knurrt: „Was bell ich mich in Rage?

Hier hilft nur eines: Sabotage!“ 

Man sieht, der Pudel ist ein Kämpfer.

„Jetzt, Frauchen, kriegst du deinen Dämpfer!“,

so grollt er, „Schmück doch mit dem Leibchen

ein modegeiles Pudelweibchen!

Mir aber, der bei Gott nicht kleinlich,

ist diese Röhre schlichtweg peinlich.

Ich will, verflixt, nicht ums Verrecken

in diesem engen Machwerk stecken 

und hasse Schluck- und Schnaufprobleme

 und Hitzestaus und Drucködeme.

Schmeiß doch den blöden Hundepulli

ganz einfach in den  nächsten Gulli!

Ich spiel dir nicht die Stilikone –     

ein Rüde geht am liebsten ,ohne'!“ 

 

 Plan A schlägt fehl 

Will sich ein Hund im Körbchen räkeln,

darf Frauchen ihn nicht stramm umhäkeln,

weil er, was ihn so eng umwickelt,

sogleich mit Vehemenz zerstückelt.

Drauf freut sich auch der Pudel diebisch.

Er plant den Coup total akribisch,

denn um den Garnschlauch aufzutrennen,

muss man schon mehr als beißen können.       

„Zunächst lass ich dank spitzer Krallen“,

sinniert er, „erste Maschen fallen, 

sodann obliegt es meinen Zähnen,

die Häkelreihen aufzudehnen,

Und hab ich mich erst drin verheddert,

dann wird die Peinlichkeit geschreddert!“ 

Nun ist ein Pudel theoretisch

agil und durchaus energetisch,

jedoch gezwängt ins Häkelmieder

nicht eben Herr der eignen Glieder.

In dieser Lage dran zu denken,

sich jetzt gelenkig zu verrenken,

um in des Frauchens Häkelfetzen

gezielt die Krallen einzusetzen,

ist ein gewagtes Unterfangen.

So wird er nicht ans Ziel gelangen.  

 

Plan B geht auch daneben

Schon bald bewirkt der Atemmangel

ein wildes Sauerstoffgerangel.

Des Hundes Flanken sprechen Bände, 

er ist mit seiner Kraft am Ende.

„Dem Garnkorsett“, schnauft er benommen,

„ist klassisch nicht recht beizukommen.

Wie aber ihm zu Leibe rücken?“

Er streift das Ding mit bösen Blicken

und schnüffelt nach eventuellen,

leicht fehlerhaften Häkelstellen.

„Vielleicht, dass ich durch Dauerkratzen

erreichen kann, dass Nähte platzen;

ich könnt‘ den Zippverschluss ruinieren,

diverse Häkchen ramponieren,

ich könnt‘ auch Knöpfe dazu bringen,

von diesem Albtraum abzuspringen …“  

Jedoch umsonst! Trotz allem Placken

versacken seine Kratzattacken,

weil das, was engend ihn behindert,

entscheidend seine Kratzkraft mindert.  

 

 

Plan C artet ins totale Chaos aus

Nach Sauerstoff begierig hechelnd,

enorm gestresst und sichtlich schwächelnd,

ist der Gequälte nah am Flennen 

und muss sich eine Auszeit gönnen.

Jetzt drohen ihm, wie klar zu sehen,

die Optionen auszugehen.

Da kommt ihm plötzlich ein Gedanke: 

„Was ist, wenn ich abrupt erschlanke,

indem ich mir den Bauchpelz rupfe

und mich zum Magerpudel zupfe?

Dann kann ich auch die Beinchen lüpfen

und aus dem Horrorbauchgurt schlüpfen.

Ich hoff‘, das endigt dann den Jammer,

denn dieser Gurt wird immer strammer.“ 

Schon macht er Ernst: Er schnappt nach Puste

und ohne Rücksicht auf Verluste  

beginnt er, sich ins Fell zu beißen

und sich Gelocktes auszureißen.

Das schmerzt zwar, doch er rupft voll Freude.

Schon sieht er aus, als hätt‘ er Räude,

als wär‘ er laienhaft geschoren – 

an Schönheit geht ihm viel verloren.

 

Eine überraschende Lösung

Doch auch ein Hund kann sich verschätzen.

Bald sitzt er bauchfrei voll Entsetzen

in einem Pudellockenhaufen

und kann vor Schmerzen kaum mehr schnaufen,

schnürt doch der blöde Garnpullover

ihn weiter ein, und zwar all over,

weil eben Garn mit Stretchcharakter

ein Faden ist, ein ganz vertrackter.

Der engt nur ein und wird kompakter. 

Und das fühlt auch ein Hund, ein nackter.

Schon ist der Zustand unerträglich.

Der Pudel jault und jammert kläglich,

will sich voll Schmerz ins Freie drängen

und – bleibt an einem Nagel hängen.

Er reißt sich los, verfällt ins Rennen,

das Ding … beginnt … sich … aufzutrennen,

sich aufzudröseln, aufzulösen … 

Und schließlich ist der Gurt – gewesen.

 

Rache ist süß

Erleichtert steht der Hundeschlingel

in einem losen Garngekringel                           

und fühlt nur eins: „Es ist gelungen:

Der Albtraumpulli ist bezwungen.“

Doch wie verfährt man nun am besten

mit all den vielen Fadenresten?

Ob Frauchen, die ja nichts verschwendet,

das Zeug womöglich neu verwendet?

Darum verbirgt er auf geschickte

Manier die vielen Garnrelikte,

die kreuz und quer den Fluchtweg schmücken,

voll List vor Frauchens Röntgenblicken.

Und dann, nach hämischer Betrachtung,

straft er das Stretchgarn mit Verachtung,

indem er cool das Beinchen winkelt

und la-a-a-ng den Fadenberg – bepinkelt. 

 

Text und Bild: Hannelore Nics, Wien

Veröffentlichungen  im Mariposa Verlag