Weihnachten für Hoover

Glück muss man haben, als Hund auch. Vor zwei Jahren hatte Hoover eine ganze Menge davon und die brauchte er auch. Sein Herrchen entdeckte eines Tages einen leicht erhabenen roten Punkt an Hoovers Unterbauch. Die Salbe, die sonst immer Wunder wirkte, half diesmal überhaupt nicht. Aber der Tierarzt machte sich zunächst keine Sorgen. Es könnte eine verstopfte Talgdrüse sein; mit einer kleinen OP wäre das erledigt. Also kam der große, schwarze Hund unters Messer. Dabei wurde eine Gewebeprobe entnommen, zur Sicherheit, um Schlimmeres auszuschließen. Doch das Labor hatte keine guten Nachrichten. Die Diagnose lautete: schwarzer Hautkrebs, der wachsen und schnell streuen könnte. Es folgten diverse weitere Untersuchungen, abermals Operationen und dazwischen immer wieder die Ungewissheit, ob die Behandlung überhaupt Erfolg haben würde. Es war schwer, in solch einer Zeit die Nerven zu behalten und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Aber das musste Herrchen natürlich, denn Hoover hatte keine Ahnung, wie es um ihn stand. Er war nach wie vor fröhlich, hatte kaum Schmerzen und hätte sicher nicht verstanden, wenn sein ganzer Tagesablauf sich plötzlich verändert hätte. Also achtete Herrchen nur darauf, dass der Hund sich beim Toben nicht allzu sehr verausgabte, denn Anstrengungen sollten vermieden werden. Und er sollte auch nicht merken, wie sehr sein Herrschen trauerte und in welch großer Angst er lebte. Der rieseige Plastiktrichter, den Hoover nach seinen OPs natürlich tragen muss, wurde zum Spielzeug umfunktioniert. Das klappte gut. Hoover fand es lustig, mit seinem „Helm“ herumzuaufen und dauernd irgendwo anzuecken.

Fast vier Monate vergingen auf diese Weise. Am 8. Dezember war die letzte CT angesagt. Und jetzt würde sich herausstellen, ob die Gefahr gebannt war und Hoover wieder ganz gesund werden würde. Oder aber, ob das gerade erst zusammengewachsene Team sich viel zu früh voneinander verabschieden musste. Sie wollten doch nach Spanin fahren, drei Monate. Dahin, wo es im Winter wärmer und länger hell ist als im hohen Norden, wo die beiden wohnen. Was würde jetzt daraus werden? Eine halbe Stunde später wurde Herrchen ins Behandlungszimmer gerufen. Ob das ein schlechtes Zeichen war? Für eine gute Nachricht brauchte es doch kein Gespräch unter vier Augen!!! Doch es kam anders. Die Bilder waren ohne Befund. Keine Metastasen. Offenbar wurde der Krebs rechtzeitig entdeckt, bevor er streuen konnte.

 

Das Ende der Geschichte beschreibt Herrchen so:

Den Verstand hat die positive Nachricht gleich erreicht. Der Bauch braucht ein bisschen länger. Erst auf der Heimfahrt macht sich die Erleichterung breit. Von einem Rastplatz aus gebe ich die Jubel-Nachricht per sms an zwei, drei Freunde weiter, während Hoover in eine Wolldecke eingewickelt auf der Rückbank seinen Narkose-Rausch ausschläft. Erst zuhause ist das ganz große Glücksgefühl da: Wir haben es geschafft. Ohne eigenes Zutun. Wir haben Riesenglück gehabt. Unsere gemeinsame Geschichte darf weitergehen. Und was erst noch ganz nebensächlich ist, rückt in den nächsten Tagen in den Vordergrund und erfordert noch ein paar Vorbereitungen. Jetzt steht der großen Reise nichts mehr im Weg. Der Teilzeit-Auswanderung für die nächsten drei Monate. Nach Spanien! Mit Hoover!Ein Anruf muss noch sein, bevor ich den Rest des Nachmittages mit Hundestreicheln verbringe: in der hiesigen Tierarztpraxis in Scharbeutz, um die gute Nachricht zu überbringen und Danke für alles zu sagen. Für die schnelle erste Operation, die Koordination mit der Tierklinik, die Geduld bei all meinen Fragen, die Zuwendung für Hoover. Einen Abend später klingelt die Tierarzthelferin an der Tür, gibt eine Papiertüte ab, in der zwei Kauknochen sind und aus der ein Plüschbär mit roter Weihnachts-Zipfelmütze herausschaut. 

»Das soll ich Ihnen von unseren Tierärztinnen für Hoover geben. Frohe Weihnachten!«

Ich bin gerührt. Und Hoover ist begeistert. Der Zipfelmützenbär wird sofort glücklich verschleppt. Kreuz und quer durchs Haus, als wollte der große Hund ihm sein neues Quartier zeigen. Und anschließend hält er ihn mir hin. Mit einem Blick, der wahrscheinlich sagen soll: »Der ist so toll, der muss mit nach Spanien!« Und so kommt er am Ende natürlich auch in sein Gepäck. – Das wird bald gepackt und Herr und Hund verbringen eine wunderbare Zeit tief unten im Süden.

 

Auszug aus der Geschichte »Jetzt kann ich es ja sagen«, enthalten im Buch Vier Pfoten und drei KofferHelge Sobik  

Fotos: © Helge Sobik

Vier Pfoten und drei Koffer
Das Spielzeug ist immer dabei!
Vier Pfoten und drei Koffer
Hoover in Spanien