Merlin muss kürzer treten

Jetzt sind die Karten auf dem Tisch:

Ich, Merlin, einstmals stramm und frisch,

bin’s längst nicht mehr und plag mich stumm

mit manchem Zipperlein herum.  

 

Schon lange hab ich, schmerzbewegt,

den Jugendmodus abgelegt

und fröne nun die meiste Zeit

der Muße und Beschaulichkeit.

 

Nur manchmal, wenn ein Jungspund hüpft

und fröhlich seinen Body lüpft,

dann denk ich: „Merlin, alter Gauch,

komm, mach’s ihm nach! Das kannst du auch!“

 

Ich bündle Kraft, ich hole Schwung,

ich setz entschlossen an zum Sprung,

spür mein arthritisches Gebein

und … lass das Ganze lieber sein.

 

Auch wenn ich – dessen eingedenk –

nur mehr dezent das Haxl schwenk,

verlier ich oft das Gleichgewicht

und fall prompt um. Das schätz ich nicht.

Und wenn ich meinen Erzfeind seh,

kläff ich ihn an wie eh und je,

doch einen Fight von Mann zu Mann,

tu ich mir besser nicht mehr an.

 

Ja, früher war ich ein Filou!

Jetzt bau ich ab, ich geb’s ja zu –

doch nicht an Kilos. Das wär schad,

denn fressend bin ich schwer auf Draht.

 

Für mich gilt jetzt als Lebensstil:

„Friss permanent und möglichst viel!“,

denn Völlern ist die höchste Lust.

Und außerdem hilft`s gegen Frust.

 

Sonst gibt mein Alltag nicht viel her;

ein wilder Hund bin ich nicht mehr.

Jedoch sagt mir mein Hausverstand:

Das Alter ist nicht relevant.

 

Und das hab ich in Anbetracht

der Lage allen klargemacht:

„Auch wenn ich kürzer treten muss:

Mit lustig ist noch lang nicht Schluss.“

 


 

Von © Hannelore Nics, Wien, Veröffentlichungen  im Mariposa Verlag